These 3: Traditionelle Wertschöpfungsketten erodieren

Veröffentlicht auf von Stephan Gemke

„Traditionelle Wertschöpfungsketten erodieren“

Ja? – Nein? – Inwiefern?

 

Fragen Sie mal Programmchefs, wie sie die Zukunftschancen vom linearen Fernsehen einschätzen! Erklären Sie mal einem Teenager, dass sich früher nur mühsam, bisweilen gar nicht, eine eigene Playlist zusammenstellen konnte! Glauben Sie mir, Sie werden von den Antworten überrascht sein. Die Ursache ist der Umbruch in vielen Wertschöpfungsketten, insbesondere im Medienbereich. Aber lesen Sie doch selbst, in These 3 zur Internet-Ökonomie.

 

These 3 lautet im Original so:

 

„Traditionelle Wertschöpfungsketten erodieren

 

Die zunehmende Vernetzung der Medien- und Kommunikations-Sektoren führt zur Erosion traditioneller Wertschöpfungsketten. Das Motto „ Kannibalisiere Dich selbst, bevor es ein anderer tut“ verlangt nicht nur von den Kommunikations- und Medien-Unternehmen frühzeitige Aktion. Denn auf digitalen Märkten wird mit Informationsprodukten und informationsintensiven Leistungen gehandelt, die extrem hohen Netz- und Skaleneffekten unterliegen. Verspäteter Markteintritt wird bestraft.

 

Der Grund für die Verlagerung auf multimediale Wertschöpfungsprozesse ist neben geringen Transaktionskosten eine größere Leistungsvielfalt und ein attraktiveres Angebot (media richness). Traditionelle Wertschöpfungsketten werden kontinuierlich ausgehöhlt: Bestehen wird nur derjenige, der frühzeitig Zugang zu den wachsenden Zahlungsströmen der Multimedia-Wertschöpfungsketten des Internet gewinnt. Voraussetzung für den Erfolg bleibt dabei der Mehrwert in den Augen der Kunden.“

 

Der Kern dieser These liegt in der Unternehmerweisheit „Kannibalisiere Dich selbst, bevor es ein anderer tut.“

 

Nichts wird mehr durch die digitale Revolution auf den Kopf gestellt, als die bisherigen Geschäftsprozesse und die traditionelle lineare Wertschöpfungskette. Neben der hier angesprochenen Multimedialität, fehlt die Mitwirkung der Menschen, sprich der Kunden, Mitarbeiter und der Journalisten/Blogger.

 

Enterprise 2.0 ist hier das Stichwort. Unternehmen dürfen nicht mehr nur auf die Prozessoptimierung ihrer Wertketten einen Augenmerkt legen, sondern auf den Gesamtkontext. Dies schließt auch die Einbindung von Meinungen aus der Mitarbeiterschaft und des Kundenkreises mit ein. Immer noch stellt der Kunde das Ende der Wertkette da, was ja auch teilweise richtig ist, aber der Kettenteil Kunde sollte auch als Startpunkt für eine neue Wertkette stehen und seine Meinung alle Bereiche umfassen. In Zeiten von Bewertungsportalen und Blogs, sollte man die Macht der Kunden nicht unterschätzen, sondern sie mit einbeziehen. Wie sehr Internetfirmen davon profitieren können, zeigen Videoportale, wie YouTube oder auch News-Portale wie die der WAZ Mediengruppe, vom Spiegel oder der FAZ, die im großen Stil durch user-generated Content profitieren (z.B. durch Homevideos, Amateuraufnahmen, Beiträgen, Kommentaren, Geschichten, Diskussionsforen) oder Ebay, das im Grunde nur die Infrastruktur für die Auktionen und Verkaufsprozesse bietet, den Rest aber die Mitglieder erledigen.

 

Man kann also im verschärften Wettbewerb nur bestehen bleiben, indem man neben des Value Chain Management auch sein Innovations- und Wissensmanagement modifiziert, sowie das Marketing. Im Marketingbereich werden vorherige Werbemaßnahmen nicht mehr greifen, da sie zu statisch und zu allgemein sind.

Und wie wichtig und erfolgreich die Einbeziehung von Kundenfeedback und Mitarbeitermeinungen ist, zeigt sich an Google. Dort darf sich jeder Mitarbeiter eine gewisse Zeit nehmen, um über neue Features und Verbesserungen nachzudenken.

Sowieso wird das Web immer sozialer. Aus Nachrichtendiensten sind Kommunikations-Allrounder und Selbstprofilierungsmaschinen geworden. Der Personalisierungsgrad nimmt immer mehr zu. Versendet sich heutzutage ein normales Radio, boomen Musikportale, wie last.fm, da sie zielgruppengenauer, also semantischer ihren Service anbieten, als herkömmliche Radios das tun können.

Oder Procter & Gamble – um ein weiteres Beispiel anzuführen.

 

Als Paradebeispiel für die Umsetzung des Kollektivgedankens muss natürlich auch Wikipedia genannt werden. Wie dort jeder User ermuntert wird, sein Wissen zu teilen, sich mit in die Community einzubeziehen und wie perfekt bei Wikipedia die Selbstorganisation funktioniert, kann dieses Online-Lexikon folglich nur als Benchmark für alle Unternehmen fungieren. Wikis, Blogs oder ein vernünftiges Intranet inklusiver einer aufgeschlossenen und toleranten Betriebsatmosphäre halte ich für unersetzlich in einem modernen Unternehmen, welches in hohem Maße im E-Commerce Bereich tätig ist.

 

Je mehr man sich also den Zwängen der Informations- und Internetökonomie anpasst, desto eher profitiert man von der Digitalisierung. Andernfalls kommen neue Player ins Spiel, die für mächtigen Wirbel sorgen werden. Die Musikbranche musste das leidlich erfahren, und Zeitungsverlage klagen sowieso schon immer über das Internet. Zum Teil sind ihre Klagen übertrieben, oftmals aber auch berechtigt, wenn man nur sieht, wie unfertig und unfähig sie Ihre Onlineableger ins Netz stellen und betreiben. Allein an der TIME-Branche kann man sehen, wie sehr die Konvergenz die Geschäftsbereiche durcheinander wirbelt. Auf Apple mit seinem iPhone, iPod und iTunes will ich gar nicht erst eingehen. Wer sehen will, wie breit ein einzelnes Unternehmen als TIME-Unternehmen aufgestellt ist und sein muss, sieht es an T-Online.

Oder der Wegfall des Zwischenhandels, wie er teilweise durch Amazon herbeigeführt wurde, ist auch als Folge der Wertkettenerosion zu nennen.

 

Und die hier angeführten Beispiele sind lediglich der Anfang und Exempel der bisherigen Konvergenzphase. Was noch kommen wird, wird mit Sicherheit noch viel folgenreicher und umfassender, als jetzt. Und ich kann vor lauter Vorfreude, gar nicht lange genug darauf warten.

 

 

Siehe auch:

 

Thesen-Überblick: „Die Zehn Thesen zur Internet-Ökonomie“

These 1: „Die Digitalisierung der Wertschöpfung erfaßt alle Bereiche der Wirtschaft“

These 2: „Kritische Masse wird zum Schlüsselfaktor der vernetzten Wirtschaft“

These 4: „Der Kampf um die Aufmerksamkeit wird zur entscheidenden Wettbewerbsarena

These 5: „Neue komplexe Wertschöpfungsnetze erfordern Wettbewerb und Kooperation“

These 6: „Massenmärkte lassen sich durch Gleichzeitigkeit von Kostensenkungs- und Differenzierungsstrategie individualisieren“

These 7: „Electronic-Commerce wird zum Normalfall“

These 8: “Digitalisierung erleichtert Produtk- und Preisdifferenzierung”

These 9: „Bisherige Regulierungsmodelle werden obsolet“

These 10: „Normalisierung bei der Börsenkapitalisierung führt zur Auslese bei den Internet-Firmen“

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